Die beiden jüngsten Testniederlagen des SV Union Heyrothsberge haben einmal mehr gezeigt: Wer den Verjüngungsprozess vorantreiben will, muss auch die Wachstumsschmerzen aushalten. Obwohl der Saisonstart in der Fußball Landesliga näher rückt, erscheint Alarmismus noch unangebracht.
Von Björn Richter (Volksstimme 31.07.2023)
Auch die Tarnkappe „Gastspieler“ war nicht blickdicht genug, um zu verhehlen, wie viel fußballerische Qualität am Mittwoch unter ihr steckte. Und wie es sich für einen Stürmer gehört, der in 286 Verbandsligaeinsätzen für den VfB Sangerhausen, 1. FC Magdeburg II, MSV Preussen, Burger BC, Union Schönebeck und Fortuna Magdeburg stolze 138 Treffer erzielte, ließ Philipp Glage seine Klasse auch im Trikot des BSV 79, bei dem sich der 34-Jährige fit hält, aufblitzen. Nicht nur, dass sich die prominente Verstärkung mit zwei Treffern am 4:1 (2:1)-Testspielerfolg gegen Heyrothsberge beteiligte, sondern vielmehr das Wie stellten den großen Unterschied zur blutjungen Gegnerschaft unter Beweis: Erst versenkte Glage einen direkten Freistoß ins Torwarteck (24.), später stahl er sich wiederum bei einem ruhenden Ball im Rücken seiner Bewacher davon und traf unbedrängt (84.).
Mit ähnlich ausgebufften Routiniers konnte die TSG Calbe drei Tage später bei ihrem 3:0 (2:0)-Erfolg zwar nicht aufwarten, jedoch mit einer eingespielten Truppe, der in der Landesklasse 4 eine durchaus bedeutende Rolle zuzutrauen ist. Die Unioner begleiteten dagegen die seit Wochen unveränderten Umstände: „Angesichts von vier Verletzten und sechs Urlaubern sind unsere Jungs aus der A-Jugend momentan alternativlos. Ohne sie könnten wir kein einziges Testspiel bestreiten. Und da ist es völlig normal, dass wir in manchen Situationen auf dem Platz überfordert wirken, individuelle Fehler passieren und uns auch Gegner auf Landesklasse-Niveau Probleme bereiten“, stellte sich Trainer Marcel Gieseler vor seine Mannschaft, die sich demnach am Mittwoch und Sonnabend nahezu von selbst aufstellte.
Zwischen den Pfosten gab so Jamie Leopold (17) seine beiden Debütvorstellungen. Aus der angestammten Vierer-Abwehrkette um Maximilian Schmidt, Martin Peukert, Daniel Gropius und Christian Krümling steht derzeit nur erstgenannter zur Verfügung, so dass in Magdeburg-Cracau wie auch an der Saale um Schmidt herum kräftig improvisiert wurde. Gleichwohl verteidigte dabei auch ein Youngster wie Dean-Robbin Ziebarth leidenschaftlich und gab so ein weiteres Empfehlungsschreiben für künftige Einsätze in der Landesliga ab. Nirgends zeigt sich das verjüngte Gesicht der Unioner aber derzeit deutlicher als auf dem Flügel, wo zuletzt vier U20-Akteure die Außenbahnen beackerten.
Dass dem gesamten Gefüge die zusätzliche Erfahrung eines Stefan Groth oder Karsten Völckel guttun würde, stand außer Frage. „Personell sind wir in der jetzigen Phase nicht mal in der Nähe davon, was wir hoffentlich zum Start gegen Bismark aufbieten können“, erklärte Gieseler, der folglich drei Wochen vor dem Saisonauftakt noch nichts von einer möglichen Stammformation wissen wollte. Sicher ist hingegen, dass die Spielverläufe sich dann im Idealfall anders gestalten sollen als zuletzt bei den zwei spiegelbildlichen Auftritten: „Unsere ersten beiden Ballverluste im Spiel führen prompt zu Gegentreffern, das dritte Tor resultiert jeweils aus einer Schiedsrichterentscheidung. Klar, dass die Köpfe danach der Jungs dann nach unten gehen.“ Die gute Nachricht lautete daher: Noch bleibt genügend Zeit, sie wieder nach oben zu bringen.
Union (in Calbe): Leopold – Ziebarth (67. D. Altmann), Schmidt, Tilche (46. M. Altmann, 75. Kluth), Westhause, Kloska, Vorhölter, Raue, Wöhler, Schlüter, C. Gropius
Tore: 1:0 Pascal Weber (30.), 2:0, 3:0 Finn Boeck (33., 66.);
SR: Steffen Grafe (Barby); ZS: 35