Während Tucheims Kreisoberliga-Elf auf einen durchaus gelungenen Defensiv-Härtetest blickt, hadert der Landesklassist nach dem finalen Formcheck mit seiner Dauerbaustelle.
Von Björn Richter (Volksstimme, 06.08.2024)
In den Pflichtspielen der Fußball-Kreisoberliga würde Sebastian Kunzke wohl ein Brummen im Schädel und den Cut über dem Auge in Kauf nehmen, wenn dadurch eine brenzlige Situation weniger im Tucheimer Strafraum entstünde. So aber dürfte die Erinnerung an den Sonnabend und den Testvergleich in Heyrothsberge, der für den Abwehrspezialisten nach einem Zusammenprall im Luftduell mit Marcus Schlüter bereits nach 25 Minuten beendet war, keinen Platz in den persönlichen Saisonhighlights finden. Schwacher Trost für Kunzke und die Kollegen vom SV Traktor: Auch beim gastgebenden Vertreter der Landesklasse, Staffel 2, ging man nach dem 3:1 (2:0)-Sieg eher mit einem ziemlichen Na-ja-Gefühl aus der Generalprobe sechs Tage vor dem Ligastart hervor.
Von Einmal mehr war es den Unionern auch in dieser Ansetzung darum gegangen, sich an die neuen Gegebenheiten nach dem Landesliga-Abstieg zu gewöhnen. „Der Vergleich sollte noch einmal ein bestimmtes Schema abbilden: tiefstehender Gegner, der über Konter für Gefahr sorgt. In der Arbeit gegen den Ball haben wir es dann auch besser gemacht als gegen Uchtspringe. Etwa, indem wir versucht haben, uns verlorene Bälle früher wieder zurückzuholen und nicht dem Gegenstoß hinterherzulaufen“, zog Trainer Marcel Gieseler die Parallele zum 2:3 vor 14 Tagen gegen den Vertreter der Staffel 1. Und man ahnte bereits, dass ein großes Aber in der Einschätzung lauerte.
Es war vor allem ein statistisches Phänomen, das die Heyrothsberger seit über einem Jahr verfolgt wie ein lästiger Fliegenschwarm: „25 Torchancen in 90 Minuten klingen erst mal sehr erfreulich. Aber die Quote von zehn Gelegenheiten für einen Treffer wird uns über die Saison gesehen das Genick brechen“, schilderte Gieseler und schickte als Botschaft hinterher: „Unser Arbeitsaufwand muss sich lohnen. Wenn sich ein Gegner 80 Minuten ausruhen darf und nur die Abwehrkette von links nach rechts und zurück bewegt, reicht eine kurze Unaufmerksamkeit, um das 1:1 oder 0:1 zu kassieren. Und dann müssen wir wieder von einem Spiel auf Augenhöhe reden, obwohl es das nicht war.“
Nun werden allerdings auch die Tucheimer im Nachgang bestätigen, dass am Sonnabend ein zu deutlicher Unterschied zwischen beiden Kontrahenten lag, um von ein Pari-pari-Duell zu sprechen. Situationen, in denen der Kreisoberligist für längere Entlastungsphasen sorgen konnte, ließen sich an einer Hand abzählen. Stattdessen herrschte von der ersten Minute an Dauerbelagerung auf das von Toni Köpke gehütete SVT-Gehäuse. Doch weil die Unioner bei ihrem Chancenwucher wahlweise den richtigen Moment zum Abschluss verpassten oder selbst aus unmittelbarer Nahdistanz das Ziel verfehlten, entwickelte sich eine ausgesprochen zähe Geduldsprobe.
Dabei wussten die Hausherren eigentlich um die Lösung, wie das gegnerische Bollwerk zu knacken war. Beide Treffer bis zur Pause durften als Beleg dafür dienen. Entweder brauchte es die nötige Präzision wie bei Tom Raues Schnittstellenpass auf Christian Kloska, der nach 35 Minuten für das erlösende 1:0 sorgte. Oder aber die Gastgeber machten sich das Ziehharmonika-Prinzip zunutze: Weil die Räume für Karsten Völckel im Zentrum zugestellt waren, folgte noch einmal die Ablage auf den rechten Flügel, wo Daniel Gropius aufgerückt war. In der Tucheimer Abwehr riss durch die Verlagerung die Lücke auf, welche Bennet Vogel wiederum direkt vor dem Tor besetzte und eine scharfe Eingabe später stand ein 2:0 (41.) auf der Anzeigetafel.
Zwischen weiteren ungenutzten Hochkarätern auf der einen und zahlreichen Wechseln auf beiden Seiten war es in der 70. Minute dann auch Vogel, der den dritten Treffer für die Hausherren nachlegte. Zwar war im Ergebnis längst noch nicht die tatsächliche Überlegenheit erkennbar, doch der Union-Coach hätte einen 3:0-Endstand weit weniger zähneknirschend hingenommen als den wohl größten Heyrothsberger Makel am Nachmittag. Und dieser hatte mit einfacher Mathematik zu tun: „Die ganz klare Vorgabe war, dass hinten die Null stehen muss. Diese Spiele brauchen wir ganz einfach in der Saison. Denn wenn wir unsere Abschlussquote nicht verbessern, macht ein oder kein Gegentor den Unterschied im Endergebnis aus.“
So aber wichen Gieselers Schützlinge dem entscheidenden Zweikampf im Mittelfeld aus und Tucheims Zugang Marvin-Pascal Heise ließ sich die Einladung zu seinem zweiten Treffer im neuen Dress nicht entgehen. Weitere dürften in der Spielzeit, die mit dem Kreispokal-Duell in Brettin/Roßdorf am 18. August eingeläutet wird, folgen. Doch ein Torerfolg im Test gegen einen ligahöheren Gegner ist schon mal ein mehr als ordentlicher Anfang für den Saisonrückblick.
Heyrothsberge: Leopold – Peukert (60. Stottmeister), Gropius, Schäfer, Völckel, Kloska, Raue (67. Hanke), Vorhölter, Sensenschmidt (60. Vasükov), Vogel (75. Hrachowitz), Schlüter (60. Ziebarth)
Tucheim: Köpke – Buhtz, E. Eickhoff, Kunzke (23. Keltner), Sauermilch, Haar, Müller, Gobel (64. Wilsenack), F. Eickhoff, Vorpahl, Heise
Tore: 1:0 Christian Kloska (35.), 2:0, 3:0 Bennet Vogel (41., 70.), 3:1 Marvin-Pascal Heise (72.)
SR: Tonio Petzsch (Magdeburg); ZS: 35