Niegripp muss nach der ersten Runde des Fußball-Kreispokals die Segel streichen. Union Heyrothsberge erhofft sich vom Sieg im Duell der Schwergewichte eine Initialzündung.
Von Björn Richter (Volksstimme, 20.08.2024)
Keinem haben sie es mehr und über einen längren Zeitraum hinweg gegönnt als Cedric Vorhölter. 23 Partien musste der 18-Jährige seit seinem Debüt im Juli vergangenen Jahres auf seinen ersten Pflichtspieltreffer im Dress des SV Union Heyrothsberge warten. Auch in der Vorbereitung war der Youngster ein ausgewiesenes Sorgenkind, was die Quote beim Torabschluss anging. Und sein Trainer? Hielt vor dem Kreispokal-Duell der beiden Landesklasse-Schwergewichte an ihm fest. „Eigentlich war uns allen klar: Wenn Cedric endlich trifft, bleibt es nicht bei einem Tor“, nahm Marcel Gieseler eine aus Union-Sicht fast schon kitschige Geschichte vom Sonnabend vorweg: Nicht zuletzt Vorhölters Doppelpack sicherte den Gästen vor 84 Zuschauern beim 4:2 (3:0)-Erfolg das Weiterkommen.
Wo es gefeierte Helden auf der einen Seite gibt, sind tragische Figuren naturgemäß auf der anderen umso zahlreicher vertreten. Mit Ausnahme vom eingewechselten Justin Schuh, der in der zweiten Hälfte eine merklich stabilisierende Wirkung auf die Innenverteidigung hatte, konnte und wollte Niegripps Trainer Thomas Seidelt dann niemanden von der Kritik ausnehmen: „Den Willen spreche ich keinem ab, aber der allein reicht nicht, um irgendetwas zu bewegen. Wir waren in der ersten Halbzeit spielerisch grottenschlecht, leisten uns haarsträubende individuelle Fehler und sind unfassbar weit weg von unserem eigentlichen Potenzial“, sah der Coach im Erstrundenaus die Fortsetzung des 1:4-Stolperstarts in der Liga gegen Groß Santersleben.
Und so hatten die Unioner bis zum Seitenwechsel umso leichteres Spiel, an dem vor allem einer richtig Spaß fand: Erst verwertete Vorhölter nach Eingabe von Bennet Vogel den zweiten Versuch zur 1:0-Führung (15.), dann hatte er nach Vorlage von Marcus Schlüter Zeit und Nerven genug, um SG-Keeper Hendrik Niegengerd aussteigen zu lassen – 2:0 (19.). Spätestens dann der aufgerückte Daniel Gropius per Kopf den dritten Heyrothsberger Treffer nachlegen durfte (35.), zeichnete sich ein Debakel für die Blau-Weißen ab.
Dass sie diesem entgingen und gegen Ende sogar an einer erfolgreichen Aufholjagd schnupperten, lag zu weiten Teilen an der nachlassenden Ernsthaftigkeit aufseiten der Gäste nach Wiederbeginn. „Wir gehen unbewusst auf 80 Prozent Leistung herunter, das baut den Gegner natürlich auf“, bemängelte Gieseler. Neun Minuten waren in der zweiten Hälfte gespielt, als sich Innenverteidiger Benjamin Schäfer etwas zu sehr darauf verließ, dass Keeper Jamie Leopold die Flanke von Niegripps Jay Emig herunterpflücken würde. Jonathan Kliche bedankte sich für die Einladung und verkürzte auf 1:3.
Mehrere Wechsel auf beiden Seiten nahmen dem Spiel anschließend etwas die Dynamik, doch die Hausherren wollten sich nicht geschlagen geben. Und tatsächlich: Nach einer fragwürdigen Eckball-Entscheidung für die Sportgemeinschaft behielt Emig die Übersicht und beförderte die Kugel vom linken Strafraumeck mit viel Übersicht ins lange Eck (83.). Der Anschluss war hergestellt, doch um die Verlängerung erzwangen die Gastgeber nicht mehr. „Die Chance aufs 3:3 waren da, aber wir sind nicht in der Lage, sie zu nutzen. Einfach, weil wir vorn nicht die richtigen Laufwege gehen“, haderte SG-Coach Seidelt.
Stattdessen bediente sich der gelbverwarnte Emig einem klassischen Stopp-Foul aus dem Handball und sah folgerichtig die Ampelkarte (90.+4). Den anschließenden Freistoß brachte Karsten Völckel scharf vor den langen Pfosten, wo niemand Jean-Luca Sensenschmidt gefolgt war. Der Kopfballtreffer des Youngsters war nur noch Formsache und das nächste Tordebüt perfekt: zweiter Pflichtspieleinsatz, erster Treffer für den A-Jugendlichen, der folglich in dieser Woche einige Schulden in flüssiger Form bei seinen Teamkollegen zu begleichen haben dürfte. Um die Teamchemie musste sich sein Trainer ohnehin nicht sorgen. Gieseler hoffte vielmehr, dass die erfolgreich gemeisterte Auftakthürde sein Team auch im Punktspielalltag beflügelt: „Klar, ein Positiverlebnis gegen einen Ligakonkurrenten stärkt das Selbstvertrauen. Dennoch fängt am Freitag alles wieder von vorn an“, blickte der Coach auf das Heimspiel gegen Aufsteiger Osterweddingen voraus. Tags darauf ist dann auch von den Niegrippern eine Trotzreaktion gefragt. Seidelt stellte unmissverständlich klar: „Gegen Samswegen braucht es ohne Wenn und Aber einen Sieg.“