Heyrothsberge zeigt im Landesklasse-Heimspiel gegen Osterweddingen zwei Gesichter. Auf zu passive 45 Minuten folgt nach der Pause eine deutliche Steigerung, auch der verdiente Ausgleich, doch am Ende jubelt der Aufsteiger.
Von Björn Richter (Volksstimme, 26.08.2024)
Vielleicht vor 14 Tagen, aber sicher vor drei Wochen wäre dies noch der unwahrscheinlichste aller Führungstreffer beim SV Union Heyrothsberge gewesen: Der erste Druck schien aus dem Angriff bereits entwichen, doch die Gastgeber behielten den Fokus und der Ball gelangte zu Daniel Gropius auf den rechten Flügel. Eine Maßflanke später platzierte Cedric Vorhölter seinen Aufsetzer-Kopfball am langen Pfosten derart wuchtig, dass es für Osterweddingens Schlussmann Christoph Helmholz nichts zu halten gab. Das 1:0 aus der 19. Minute entstand ohne größere Gegenwehr. Und es wirkte so, als wären Dominanz und Selbstverständnis des Landesliga-Absteigers einfach zu erdrückend, während dem Aufsteiger alles etwas zu schnell ging.
Dass der OSV am Ende des Freitagabends singend und hüpfend vor den eigenen Fans einen 3:2 (2:1)-Erfolg und die Verteidigung der Tabellenspitze in der Fußball-Landesklasse 2 bejubelte, zeigte, dass sich die Verhältnisse irgendwann verschoben. So sehr, dass man mit Blick auf zwei grundverschiedene Halbzeiten von einer gerechten Punkteteilung sprechen konnte, bis der Aufsteiger noch einmal zuschlug: Dreimal hatten die Unioner den Versuch bereits geblockt, als Gästeakteur Eike Barkowski von außerhalb des Strafraums abzog. Von Gropius’ Knie abgefälscht, entwickelte sich aus dem Schuss eine Bogenlampe, die über Keeper Christopher Biegelmeier ins Tor segelte (86.). „Dieser Ausgang ist maximal bitter angesichts des Aufwands, den wir in der zweiten Hälfte betrieben haben“, befand SVU-Trainer Marcel Gieseler.
Dabei täuschte allerdings auch das 1:0 von Vorhölter, der nach seinem Doppelpack im Kreispokal gegen Niegripp nun also auch sein Tordebüt in der Liga feiern durfte, darüber hinweg, dass die Unioner in der ersten Hälfte selbst wie der überforderte Liganeuling wirkten. Einen Konter der Gäste konnte Biegelmeier zunächst noch nervenstark bereinigen (15.), doch nur drei Minuten nach dem Führungstreffer passte die Zuordnung bei einem Eckball der Gäste nicht. Denny Embach lief ein und köpfte zum 1:1-Ausgleich für den OSV, der auch danach einige Hochkaräter verbuchte, ein. Vor allem die schnellen Embach und Ole Lennard Nölle entwickelten sich nach Pässen in die Tiefe zu Dauergästen im Rücken der Heyrothsberger Abwehr. „Das 9:0 zum Auftakt gegen den FC Zukunft war kein Zufall. Wenn die Osterweddinger ihre Form konservieren, werden sie in der Liga ganz sicher keine unwichtige Rolle spielen“, erkannte Gieseler an und sah, wie Nölle nach 38 Minuten erneut allen Bewachern davonlief und zur hochverdienten 2:1-Führung nachlegte.
Entsprechend viel gab es zur Pause bei den Hausherren nachzujustieren. Die vielen kleinen Umstellungen und Änderungen zahlten sich nach dem Seitenwechsel auch aus. „Wir haben in der ersten Hälfte kaum Zweikämpfe geführt, uns nicht gewehrt. Dass wir danach vorn draufgegangen und früh attackiert haben, hat uns gutgetan. Daraus entstehen auch ein, zwei richtig gute Chancen“, umriss der Gastgebertrainer die ersten Minuten im zweiten Abschnitt, in denen Tom Raue mit einem Distanzschuss die größte Möglichkeit besaß (50.). Osterweddingen wirkte nun beeindruckt und fand nur noch selten Entlastung. Folgerichtig sorgte Benjamin Schäfer mit einem verwandelten Handelfmeter für den 2:2-Ausgleich (63.), ehe beiden Seiten in der letzten Viertelstunde etwas die Luft auszugehen schien. Das Ende ist bekannt und war aus Heyrothsberger Sicht schmerzlich – aus mehrfacher Hinsicht.
So nimmt auch Gieseler nach Niederlagen stets sich und das Team in die Pflicht. Doch bereits mit Blick auf die Entstehung des Handelfmeters fiel es dem Coach schwer, das Unverständnis zu verbergen: „Der Schiedsrichter hat die Rote Karte schon griffbereit, belässt es aber nach Rücksprache mit seinem Assistenten bei Gelb, da der Ball erst an den Oberschenkel und dann an die Hand geht. Trotzdem bleibt es die Verhinderung einer klaren Torchance“, erklärte Unions Trainer mit Blick auf die Szene, in der Osterweddingens Robin Koch den sicheren Einschlag durch Raue abwehrte und äußerst glimpflich davonkam.
Nicht das einzige Mal, dass die Gastgeber ihre Probleme mit der Spielleitung von Schiedsrichter Carsten Gacksch (Schlanstedt) hatten: „Zweimal wird uns in der zweiten Halbzeit der letzte Pass zugunsten eines Freistoßes weggepfiffen. Das kann man so machen, ist aber eine höchst fragwürdige Auslegung der Vorteilsregel“, haderte der Heyrothsberger Trainer, der bei aller Enttäuschung jedoch auch erkannte: „Die Tendenz in vielen Bereichen stimmt.“ So bot Linksverteidiger Jean-Luca Sensenschmidt abermals eine starke Leistung. Eine Position davor setzte das vormalige „Sorgenkind“ Vorhölter seinen Aufwärtstrend fort. Und auch diese Erkenntnis lieferte das Heimdebüt: „Abwartender und kontrollierter Fußball scheint uns im Moment nicht zu liegen. Wir sind immer dann am besten, wenn wir alle Sicherungen herausnehmen.“ Im nächsten Heimspiel am Sonnabend, 31. August, gegen Mitabsteiger und Staffelfavorit Irxleben im Idealfall gleich von Beginn an.
Union: Biegelmeier – Peukert, Gropius, B. Schäfer, E. Schäfer (90. Stottmeister), Völckel, Kloska, Raue, Vorhölter, Sensenschmidt (69. Ziebarth), Vogel
Osterweddingen: Helmholz – Barkowski, Schulze, Falkenberg (90. Iser), Krull (63. Loof), Koch (90. Magel), Embach, Gläser, Nölle (75. Mörig), Herrmanns, Nakoinz
Tore: 1:0 Cedric Vorhölter (19.), 1:1 Denny Embach (22.), 1:2 Ole Lennard Nölle (38.), 2:2 Benjamin Schäfer (63., HE), 2:3 Eike Thomas Barkowski (86.)
SR: Carsten Gacksch (Schlanstedt); ZS: 112