Fußball-Kreisligist Traktor Schermen schnuppert gegen Heyrothsberge an der nächsten Pokalsensation. Der Favorit aus der Landesklasse entdeckt erst in der Verlängerung die Einfachheit des Erfolgs und zieht ins Halbfinale ein.
Von Björn Richter-Zehle (Burger Volksstimme vom 17.11.2025)
Im gereiften Stürmeralter von 38 Jahren genießt Manuel Geiler alle Freiheiten. Der Torjäger der Schermener Kreisliga-Fußballer muss keinen Millimeter mehr nach hinten mitarbeiten, darf stattdessen auf seine Chance lauern, während zehn Teamkollegen hinter ihm leidenschaftlich um jeden Ball kämpfen. Nachzuvollziehen am Sonnabend im Kreispokal-Viertelfinale gegen Union Heyrothsberge, als die Chance nach 70 Minuten kam: Ein Einwurf in der eigenen Hälfte, ein öffnender Pass auf den eingewechselten Paul Anton Weirich und den Rest besorgte der Altmeister der SG Traktor per Schlenzer zum 2:3-Anschluss, bei dem Gästekeeper Jamie Leopold deutlich älter aussah als mit tatsächlichen 19 Jahren. Als kurz darauf auch Alaji Mane den Abpraller nach Freistoß von Leo Niklas Simon zum 3:3-Ausgleich (77.) über die Linie köpfte, stand die Schermener Fußballwelt endgültig kopf.
Dass der turmhohe Favorit in der anschließenden Verlängerung noch mit 6:3 den Kopf aus der Schlinge zog, mag Pragmatiker darin bestätigt haben, dass im Pokal das Weiterkommen vor dem Wie steht. Doch auch Union-Trainer Marcel Gieseler verhehlte nicht, dass der Plan für den Einzug ins Halbfinale in der Theorie etwas kürzer gefasst war: „Grundsätzlich fragt im neuen Jahr niemand mehr nach diesem Spiel. Aber angesichts von zwei Spielklassen Unterschied war die Erwartungshaltung an uns eine andere. Ganz sicher bestand sie nicht darin, sich den ganzen Nachmittag um die Ohren zu schlagen.“ Bevor ihnen spätestens nach der Pause die geballte Gegenwehr des Außenseiters entgegenschlug, mussten sich die Unioner also den Vorwurf gefallen lassen, dies überhaupt zugelassen zu haben.
Denn eigentlich hatte der Nachmittag zunächst seinen erwarteten Verlauf genommen, als Tom Marks die Gäste nach drei Minuten mit 1:0 in Führung gebracht hatte. Doch nicht erst, nachdem Felix Hahn mit dem 1:1 alles wieder auf Anfang stellte (24.), deutete sich an, warum die Heyrothsberger den ganz langen Weg gehen sollten. Denn auch ein halbes Dutzend gefährlicher Abschlüsse konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie mit ihrem statisch-verkopften Ansatz verzettelten und schlichtweg an der gelben SG-Wand abprallten. Entsprechend haderte Gieseler: „Der Platz und der Gegner haben es nicht zugelassen. Trotzdem probieren wir es vor allem in der ersten Hälfte im Barça-Stil und mit viel Tiki-Taka.“ Doch immerhin: Inmitten von viel brotlosem Ballbesitz und einem Meer aus Schermener Abwehrbeinen fand Alexander Vasükov noch vor der Pause eine Lücke und schob zur 2:1-Führung ein (32.).
Die Heyrothsberger Mission schien erst recht auf einem guten Weg, als Philipp Marth im Strafraum der Gastgeber beim Schussversuch regelwidrig gehindert wurde und Marcus Schlüter den fälligen Elfmeter zum Ausbau des Vorsprungs nutzte. Doch während die Hausherren weiter an ihre Chance glaubten, schalteten die Unioner offensichtlich und zu früh in den Verwaltungsmodus. Während mit Kapitän Schlüter und Torjäger Marks zwei Leistungsträger in den vorzeitigen Feierabend verabschiedeten, standen für die verbliebenen Teamkollegen so die unvermeidlichen Überstunden an.
„Der Gegner hat aus wenig viel gemacht, das muss man anerkennen“, sagte Gieseler und sah, wie seine Elf die Dinge in der Verlängerung doch noch geradebog und so doch noch dem Schicksal entging, in Schönheit zu sterben: „Diejenigen Spieler, die probiert haben, die Dinge auf dem Platz möglichst einfach zu lösen, durften sich durch den Erfolg bestätigt sehen. Erst köpfte Marth zum 4:3 ein (105.), in der zweiten Hälfte legten dann die beiden eingewechselten Youngster Moritz Hanke (112.) und Jakob Hrachowitz (119.) gegen völlig entkräftete Gastgeber nach. Deren Coach Sven Aßmann fasste trotz des späten Knockouts und dem vorzeitigen Ende der Pokalreise zufrieden zusammen:„Es war einfach ein schöner, spannender Pokalnachmittag, an dem wir zeigen konnten, dass wir weiterkommen wollen. Auch, wenn es am Ende nicht gereicht hat.“
Schermen: Nagel – Wegener, Tacke (85. Ullrich), Simon, Falke, Mane, Pagel, Sherzad, Hahn, Otto (56. Weirich), Geiler
Union: Leopold – Peukert, Möser, Fritz, Marth, Marks (65. Gropius), Schlüter (65. Sensenschmidt), Wöhler (110. Hrachowitz), Schulze (46. Hanke), Vasükov, Vogel (110. Biegelmeier)
Tore: 0:1 Tom Marks (3.), 1:1 Felix Hahn (24.), 1:2 Alexander Vasükov (32.), 1:3 Marcus Schlüter (48., FE), 2:3 Manuel Geiler (70.), 3:3 Alaji Mane (77.), 3:4 Philipp Marth (103.), 3:5 Moritz Leonard Hanke (112.), 3:6 Jakob Theodor Hrachowitz (119.)
SR: Christian Schütze (Möser), Andreas Zepter, Frederik Wallwitz; ZS: 95
