Das Auftaktduell der neuen Landesliga-Saison hat für den SV Union Heyrothsberge gleich Aufregerpotenzial für die halbe Hinrunde bereitgehalten. Beim 1:1-Unentschieden in Bismark geriet der Fußball zeitweise bedenklich weit aus dem Fokus.
Von Björn Richter (Volksstimme 21.08.2023)
Am Welttag der humanitären Hilfe, der jährlich am 19. August selbstlosen Einsatz würdigt, ist Maximilian Schmidt im Grunde nur seiner Pflicht als Teamkapitän nachgekommen. Nachdem Daniel Gropius infolge eines Gerangels zu Boden ging, stellte sich sein Abwehrpartner vom SV Union Heyrothsberge nach 86 Minuten schützend vor den Teamkollegen und der wütenden Spielertraube des TuS Schwarz-Weiß Bismark entgegen. Weil in der Folge auch vor beiden Trainerbänken die Emotionen hochkochten, war es irgendwann an diesem Samstagnachmittag gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten. Schiedsrichter Jonas Pohl (Huy) meinte, ihn so weit wiedergefunden zu haben, um neben zwei TuS-Akteuren auch Schmidt die Gelbe Karte zu zeigen. Bitter, dass es sich in seinem Fall um die zweite im Spiel handelte. Der streitbare Platzverweis blieb allerdings nur einer von vielen Aufregern im Landesliga-Eröffnungsspiel, an dessen Ende in buchstäblich letzter Sekunde den 1:1-Ausgleich kassierten.
„Extrem frustrierend“, empfand Union-Trainer Marcel Gieseler dann auch den Ausgang der Pflichtspielpremiere. „Vor dem Anstoß hätten alle von uns ein Unentschieden unterschrieben. Aber nachdem wir viel früher einen Schlussstrich unter dieses Spiel hätten ziehen können, fühlt es sich eindeutig nach zwei verlorenen Punkten an“, führte der Gästecoach aus. Denn nachdem ausgerechnet Schmidt nach einem Eckball von Karsten Völckel am kurzen Pfosten sträflich allein gelassen zur 1:0-Führung einschießen durfte (11.), hatte Heyrothsberge die Partie weiter im Griff. Allein drei hochkarätige Chancen notierte Gieseler bis zur 35. Minute, ehe seine Elf zusehends die Ordnung verlor und die Führung etwas glücklich in die Kabine rettete.
Einige defensive Anpassungen später präsentierten sich die Gäste nach Wiederbeginn gefestigter und kompakter. Nachdem zwei gute Gelegenheiten von Unions Alexander Vasükov in der 58. (Pfosten) und 62. Minute (daneben) nicht den Weg ins Ziel fanden, wurde es nicht nur ob der hochsommerlichen Temperaturen zunehmend hitziger. Der Platzverweis gegen Schmidt war so nur das i- Tüpfelchen im negativen Sinn. Schon Völckel musste sich nach seiner verletzungsbedingten Auswechslung allerlei Unflätigkeiten von jenseits der Balustrade anhören. Sein Trainer merkte an: „Erfahrungsgemäß gibt es in Bismark oft den Einfluss von draußen auf das Spiel. Das geht vom Jugendlichen bis zum Rentner. Wenn aber unsere 17- bis 18-jährigen Auswechsler aufs Übelste beleidigt werden, hört der Spaß auf. Begriffe wie ,Bastard’ oder ,Hurensohn’ zählten da zu den harmloseren Beschimpfungen.“
So übertrug sich der Tumult in der 86. Minute recht schnell vom Platz an die Seitenlinie. Nachdem Unions Torwarttrainer Peter Anders die warmen Worte der Gegenseite erwiderte, fanden sich plötzlich Bismarks Co-Trainer, ein Betreuer und ein Fan in der Coachingzone der Gäste zum unfreundlichen Austausch ein. Wildwest-Szenen, die Gieseler den Kopf schütteln ließen: „Es bleibt ein absolutes Unding, dass weder Ordner noch Schiedsrichter in der Lage waren, so einen Übergriff durch Unbeteiligte zu verhindern. Man muss sich nur mal die Frage stellen, was gewesen wäre, wenn wir den Platz als Sieger verlassen – und ob wir dann mit heiler Haut nach Hause kommen.“ Der Konjunktiv verriet es bereits: Zum vollen Auftakterfolg sollte es nicht reichen.
Zwar verteidigte Heyrothsberge auch in Unterzahl, doch bei einem weiten Ball von TuSKeeper Niklas Kannenberg machte sich das Fehlen des Abwehrchefs bemerkbar. Der verzweifelte Versuch der Platzherren wurde lang und länger, drei Gästeakteure behinderten sich beim Klärungsversuch gegenseitig und ließen vor allem Ersatzkeeper Christian Gropius ganz schlecht aussehen. Im Versuch, an das Spielgerät zu gelangen, faustete sich Unions Unglücksrabe, der bis dato stets auf dem Posten war, die Kugel quasi mit der letzten Aktion selbst ins Tor. Das denkwürdige Ende eines Nachmittags, an dessen Ende Coach Gieseler den Blick jedoch schnell auf die Habenseite richtete: „Die Jungs haben viel von dem umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben. Mit etwas Glück nehmen wir die vollen drei Punkte mit. Dieses Kunststück wird im Saisonverlauf nicht vielen Teams in Bismark gelingen.“
Bismark: Kannenberg – Knoblich, Fuhrmann (63. Schmundt), Mayer, Motejat, Hohmann, Schreiber, Voigt (67. Metzger), Grempler, Cherchenko, Filatov
Union: C. Gropius – Schmidt, D. Gropius, Ziebarth (82. M. Altmann), Völckel (63. Ellermann), Kloska, Raue (75. Wöhler), Schlüter, Westhause, Vasükov, Schulze (89. Vorhölter)
Tore: 0:1 Maximilian Schmidt (11.), 1:1 Christian Gropius (90.+5, ET)
SR: Jonas Pohl (Dingelstedt); ZS: 33; Gelb-Rot: Maximilian Schmidt (87., unsportliches Verhalten) -Heyrothsberge