Beim BSV 79 wirkt Heyrothsberge schon wie der Sieger. Gegen Ende des Landesklasse-Duells verlieren die Gäste aber den Fokus und müssen sich mit einem Teilerfolg begnügen.
Von Björn Richter (Volksstimme, 05.11.2024)
Seine Schützlinge dürfen sich glücklich schätzen, dass Marcel Gieseler kein Schleifer der ganz alten Trainerschule ist. Ansonsten hätte der Coach des SV Union Heyrothsberge seine Schützlinge am Sonnabend nach diesem Lapsus wohl noch an Ort und Stelle auf A4-Größe zusammengefaltet und sie in der laufenden Trainingswoche gar nicht mehr vom Kopfballpendel weggelassen. Die 89. Minute des Landesklasse-Duells beim BSV 79 Magdeburg lief, als ein Eckball durch die Gefahrenzone der Gäste segelte. Dort lauerte ein Mann, der im Ruf steht, nicht viele Freiräume zu benötigen. „Philipp Glage ist sicher der Spieler, den man am ehesten in so einer Situation doppeln sollte“, bemerkte Gieseler, musste aber mitansehen, wie der ober- und verbandsligaerfahrene Routinier sträflich allein gelassen zum 2:2 (0:0)-Endstand einköpfen durfte.
Nicht nur ob der zu naiv verteidigten Szene aus der Schlussphase sprach Unions Trainer vom klaren Verlust zweier Zähler: „Ähnlich wie gegen Gommern besitzen wir mehr Spielanteile und Kontrolle als der Gegner. Aber so, wie wir in den letzten zehn Minuten um das zweite Gegentor betteln, müssen wir mit dem Unentschieden leben.“ Abzuwenden war die Punkteteilung ohnehin nicht erst kurz vor dem Abpfiff, sondern bereits viel früher. Der erste vielversprechende Angriff der Gäste landete bei Dean-Robbin Ziebarth, der im BSV-Strafraum zu Fall gebracht wurde. Benjamin Schäfer, der zuvor alle drei Strafstöße in dieser Saison sicher verwandelt hatte, schritt zum Elfmeterpunkt, entschied sich beim Anlauf aber offenbar doch noch einmal um und visierte das linke untere Eck an. Dorthin tauchte Gastgeberkeeper Marvin Nimtz ab und entschärfte den Versuch (5.).
Eine frühe Führung hätte die Unioner mutmaßlich dann auch davor bewahrt, sich in den befürchteten Schlagabtausch auf dem eng bemessenen Kunstrasen im Magdeburger Osten verwickeln zu lassen. „Zwar lassen wir danach bis zur 80. Minute auch nur noch zwei gefährliche Chancen für den Gegner zu, aber reiben uns viel zu sehr in Zweikämpfen auf. Der Platz ist ehrlicherweise auch nur bedingt für Großfeldfußball geeignet. So entsteht dann ein sehr wildes Spiel“, beschrieb der Gästecoach, dessen Elf kurz nach der Pause einen ersten Rückschlag hinnehmen musste. Nach Freistoßvorlage köpfte Alain Nsangou zur Magdeburger 1:0-Führung ein, doch der Rückstand schien die Heyrothsberger endgültig wachzurütteln.
So erkannte Christian Kloska nur zwei Minuten später nach Pass von Benjamin Schäfer die Lücke in der Gastgeberabwehr und vollendete mit einem satten Schuss ins lange Eck zum 1:1-Ausgleich. Die Initialzündung, dann danach blieben die Unioner am Drücker und erspielten sich Chance um Chance. Dennoch dauerte es bis zur 75. Minute, ehe Ziebarth den zweiten Abpraller nach Doppelchance von Hannes Schulze und Cedric Vorhölter im Tor der Cracauer unterbrachte. „Bis dahin haben wir es geschafft, immer noch eine Schippe draufzupacken. Aber nach dem 2:1 hören wir unverständlicherweise auf, Fußball zu spielen. Scheinbar, weil wir unser Ziel erreicht haben und uns darauf ausruhen“, kritisierte Gieseler.
Zwar wirkte auch die Schlussoffensive der Platzherren nicht unbedingt zielgerichtet und fand ausschließlich über lange Bälle statt, doch bekanntlich reichte ein unachtsamer Moment, um sich zwei sicher geglaubte Zähler entreißen zu lassen. Die letzte Heyrothsberger Chance verpuffte in der Nachspielzeit, als Schulze nach Eingabe von Ziebarth nicht mehr genug Druck für einen gefährlichen Abschluss hinter den Ball brachte. Sein Coach bilanzierte: „Am Ende sind es Kleinigkeiten, die uns den Sieg kosten. Aber genau dorthin muss diese junge Mannschaft kommen, auch mal drei dreckige Punkte einzufahren.“ Die nächste Chance besteht am kommenden Sonnabend auf eigenem Platz, wenn sich der TuS 1860 Magdeburg-Neustadt ab 14 Uhr an der Königsborner Straße vorstellt.
BSV 79: Nimtz – Ngou, Horn, Dreiling (82. Heinisch), Spiering (65. Hennig), Herbst, Gröschner (46. Wolde), Hartwig, Glage, Nouhoum (20. Klinzmann), Nsangou
Union: Leopold – Gropius, Ziebarth, B. Schäfer (69. Vorhölter), E. Schäfer, Völckel, Kloska, Raue, Westhause, Vasükov (82. Hanke), Vogel (62. Schulze)
Tore: 1:0 Nsangou (48.), 1:1 Kloska (50.), 1:2 Ziebarth (75.), 2:2 Glage (89.)
SR: Schmuck (Bernburg); ZS: 30